Ein „gscheid’s Bariton“ zum Preis einer Kuh
Dreder und Vagener Musi gratulieren Leonhard Halmanseger zum 85. Geburtstag
Ein schelmisches Grinsen hat er oft auf, der Leonhard Halmanseger, alias „Scharer Hartl“. Dies gehört zu seinem humorvollen Naturell und hat ihn während seiner langjährigen Laufbahn als Blasmusikant bei zahlreichen Kapellen und Besetzungen im Landkreis begleitet. „A bisserl a Gaudi g’hört zur Musi scho dazua“, neben aller Virtuosität, die er beim Spiel der Mittelsatzinstrumente an den Tag gelegt hat. Und da er Zeit seiner Musikantenkarriere als begnadeter Tenorhorn- und Baritonist, aber auch als Posaunist, bekannt war, schätzten ihn die bekannten Musikkapellen der Region als tragende Säule im Mittelsatz und Tiefblech. Aus diesem Grund kamen auch die Musikkapellen Vagen und die Dreder Musi, bei denen er Jahrzehnte lang im Einsatz war, zum Bartlwirt nach Högling, wo der Hartl im Kreise seiner Familie, seiner Nachbarn und Freunde den 85. Geburtstag bei guter Gesundheit feiern konnte.
Den Gratulationsreigen eröffnete die Dreder Musi mit einem zackigen Marsch. Sie bedankten sich für weit über vier Jahrzehnte musikalischer Treue, sowohl bei Konzerten, als auch bei Traditionsveranstaltungen. Und wer zur „fünften Jahreszeit“ schon mal auf dem Rosenheimer Herbstfest war, dürfte – vielleicht ohne es bemerkt zu haben – dem Hartl persönlich begegnet sein, war er doch eine feste Größe im Flötzinger Zelt, in dem die Dreder Musi durchgehend seit 1950 aufspielt. Auch die Vagener Kapelle konnte mit einer Abordnung an Musikanten aufwarten, die den Hartl zum Musi-Kollegen hatten. Dort galt er mit Posaune und Bariton als Institution. Insbesondere mit dem Bariton brillierte er mit vielen Solostücken. Und da an ein abruptes Ende bei den Vagenern selbst nach über 60 Jahren aktiven Musizierens nicht einfach zu denken war, verstärkte er nach dem Rückzug aus der großen Konzertbesetzung mit einfühlsamen Melodien die Beerdingungsmusik.
Um 1994 herum legte Halmanseger den Grundstein für die „Mangfalltaler Musi“, die seitdem in wechselnden Besetzungen als Blechbläser-Quartett mit alpenländischen Weisen, als bayerische Unterhaltungs- und Tanzlmusi oder als Alphornquartett auftritt. Letzteres kann imposante Auftritte, z.B. beim "Sommernachtstraum" auf dem Münchener Olympiagelände zusammen mit den Münchener Philharmonikern vor über 60.000 Zuhörern und im Berliner Reichstag vorweisen. Auch die Musikerkollegen dieser Besetzung kamen als Gratulanten und spielten zur Unterhaltung.
Aber auch als Instrumentenbauer betätigte sich der gebürtige Mittenkirchner. So blies er das Alphorn nicht nur, er fertigte es sogar mit eigenen Händen. Seine frühere Tätigkeit als gelernter Zimmerer war dabei sicher förderlich für dieses weitere Hobby, das er mit Akribie betrieb.
Ob beim Tuntenhausener Alphornquartett ein Instrument aus seiner Werkstatt angestimmt wurde, blieb ungeklärt. Aber gefreut hat sich der Jubilar über die Einlage seiner vier Musikerkollegen sichtlich. Nicht zuletzt deswegen, weil die vier Instrumentalisten allesamt Söhne und Schwiegersohn seines Dreder Posaunistenkollegen Sepp Holzmeier sind, der ihm in unzähligen Auftritten im Tiefblech beiseite stand. Mit Holzmeier (95) und Peter Enzinger (97) waren langgediente und rüstige Musikanten der Geburtstagseinladung gefolgt.
Einige Anekdoten und interessante Einblicke in sein Leben gab der Hartl schließlich selbst. Gebannt folgten die Gäste den Erzählungen über seinen musikalischen Werdegang. So war das musikalische Leben in Vagen und seinem Heimatort Mittenkirchen nach dem Krieg fast zum Stillstand gekommen, weil viele Musikanten entweder gefallen oder in Gefangenschaft waren. Er hatte sich für die Musik interessiert und wollte 1953 als fünfzehnjähriger Bub ein Instrument lernen. Die noch verfügbaren Instrumente waren aber nicht gerade seine Favoriten. Neben der Zither bekam er damals die Chance, bei seinem Musiklehrer Götz das Baritonspiel zu erlernen. Der konnte ob seines Talents schließlich den Vater überzeugen, ihm ein „gscheid‘s“ Bariton zu kaufen, das er sein Leben lang haben würde. „So etwas kostete damals 863 Mark. Soviel wie eine Kuh“ sinnierte der Jubilar. Den Durchbruch bei der Dreder Musi schaffte er schließlich, als er einen landkreisweit bekannten Solo-Baritonisten der Dreder kurzfristig vertreten musste. Da ihm dies sehr gut gelungen war, genoss er von da an große Achtung als Musiker.
Bei aller Feierlaune und dem Schwelgen in Erinnerungen dachte Leonhard Halmanseger aber auch an die Zukunft. Es war ihm ein Anliegen, die Arbeit der Bruckmühler First Responder Gruppe zu unterstützen. Deshalb bat er statt Geschenken um eine Finanzspritze, die er den Ersthelfern zukommen lassen will.
Markus Steiner
Sepp Holzmeier (l.) und Peter Enzinger (r.) gratulieren mit 95 und 97 Lenzen dem „Jungspund“
und ehemaligen Tiefblech-Satzkollegen Hartl Halmanseger zum 85. Geburtstag.